Die Belmer Mühle - einst Wassermühle, heute Kulturzentrum
Man sagt, dass schon Karl der Große bei seinen Streitzügen durch das Sachsenland Heerlager in Belm gehalten haben soll, um sich Verpflegung für seine Soldaten und Pferde zu holen. Auch wenn dies nicht belegt ist und das Gründungsjahr der Belmer Mühle wohl einige Jahre nach dem Tod Karls zu datieren ist, so ist diese Legende doch ein Hinweis auf die lange Geschichte der Belmer Mühle.
Schon die Römer nutzten die Wasserkraft zum Mühlenantrieb, doch die ersten germanischen Wassermühlen kamen erst im 7. Jahrhundert auf.
Erstmalig erwähnt findet man die Belmer Mühle in einem Einkünfteverzeichnis aus dem Jahr 1240.
Der Müller musste damals 3 Schillinge entrichten, einen Eber mästen und alle drei Jahre einen Hund nähren.
An der Fassade des Gebäudes ist eine mit einem Wappen verzierte Sandsteintafel von 1555 angebracht, deren Inschrift besagt: „Herr Arnold Tolen, Domherr der Osnabrücker Kirche, ließ mich errichten.“
Bis Mitte des 18. Jahrhunderts gehörte sie zum Meyerhof.
Die Mühle befand sich bis 01.07.1776 in bischöflicher Hand. Im Rahmen der Säkularisierung wurde sie an die Familie Buddendiek, später Recker, verkauft und danach stets in gerader Linie weitervererbt.
1849 gelangte die Mühle im Zuge der Bauernbefreiung aus staatlichen Händen in den Besitz ihres damaligen Erbpächters Recker, dessen Nachkommen noch bis zum Kauf der Mühle durch die Gemeinde Belm 1991 Eigentümer waren. 1899 wurde die heutige Mühle erbaut.
Ursprünglich wurde die Mühle durch ein Wasserrad angetrieben. Zu der damaligen Zeit hatte der Mühlenteich eine Fläche von ca. 1,5 km² und reichte bis Klein-Haltern. Als die Bauern ihre Felder zunehmend trocken legten, reichte die Wasserkraft für das Mühlrad nicht mehr aus; obwohl die Müllerfamilie die Staurechte für den Mühlteich besaß. Das Wasserrad wurde später durch eine Francisturbine ersetzt, damit konnte die Ausnutzung der Wasserkraft von 16% auf 70% angehoben werden.
Als die Wasserkraft nicht mehr ausreichte, wurde im Jahre 1899 (also 20 Jahre nach seiner Erfindung) die Dampfmaschine angeschafft. Angetrieben wurde die Maschine mit den Sägespänen, die in der Sägemühle abfielen. Daneben wurde zusätzlich eine Gasturbine installiert, die bis zum Krieg die Leistung der Mühle von 13 to/Tag auf 15 to/Tag verbesserte. Die Mühle war neben der Hadach-Mühle in Melle die größte in der Region Osnabrück.
Das Getreidesilo hat ein Fassungsvermögen von 90 to, also einer Wochenleistung. Das entspricht dem Volumen von 3 Eisenbahnwaggons.
Die Betriebsanlagen wurden 1922 elektrifiziert. Vier Walzenstühle und zwei Schrotgänge sorgten für einen reibungslosen Mahlgang. Die Firma Heitling aus Melle hat Anfang der 50ziger Jahre neue Walzenstühle geliefert
Ende 1991 erwarb die Gemeinde das stattliche Gebäude, um es in ein kommunales Kultur- und Begegnungszentrum umzuwandeln. Mitte 1993 legte der Leiter des Osnabrücker Staatshochbauamtes, Erwin Uhrmacher, ein Nutzungskonzept vor, das in Belm auf große Zustimmung traf. Um dem gesellschaftlichen Leben innerhalb der Gemeinde neue Impulse zu geben, wurde die alte Belmer Wassermühle an der Lindenstraße zum Kultur- und Kommunikationszentrum entwickelt.
Nach diesem Konzept wurde der westliche, aus Bruchsteinen errichtete Teil der Mühle nicht verändert. Die dort untergebrachten technischen Anlagen bleiben zu Anschauungszwecken erhalten. Die drei Geschosse dieses großräumigen Bereiches stehen darüber hinaus Vereinen offen, um zum Beispiel Ausstellungen zu aktuellen Themen oder Konzerte zu veranstalten. Im jüngeren Nebengebäude war beabsichtigt, Gruppenräume und eine Cafeteria einrichten. Um den Bestand des Gebäudes langfristig zu sichern, wurden mit einem stattlichen Kostenaufwand seitens der Gemeinde die Fundamente der Mühle gründlich saniert. Außerdem entstand ein neues Treppenhaus mit der Möglichkeit, später einen Aufzug nachzurüsten, der auch 2011 eingebaut wurde.
Der im März 1995 gegründete Mühlenverein setzte sich zur Aufgabe, das künftige Kultur- und Begegnungszentrum mit finanzieller Unterstützung der Gemeinde weiter zu renovieren und auszubauen.
1996 schloss die Gemeinde mit dem Verein „Belmer Mühle e.V.“ für die Dauer von 99 Jahren einen Pachtvertrag ab.
Die vorhandene Mühlentechnik wollte der Verein für Vorführungen instand setzen. Deshalb blieben auch die Mahlwerke vom Anfang dieses Jahrhunderts in der Belmer Mühle erhalten. Im Dachgeschoss sollte eine Heimatstube eingerichtet werden.
Der „Heimat- und Wanderverein Belm e.V.“ pachtete den Kornspeicher im 2. Obergeschoss und baute ihn mit viel Eigenleistung der Mitglieder zu einer Heimatstube aus. Auch eine beachtliche Sammlung von alten handwerklichen und landwirtschaftlichen Geräten ist dort zu bewundern.
Im Kellergeschoss siedelte sich die Interessengemeinschaft Erzgebirgspyramide an. Diese Gruppe von engagierten Belmern hat sich die Aufgabe gesetzt, eine Weihnachtspyramide aus dem Erzgebirge nachzubauen, zu pflegen und jährlich zur Jahreswende sehr zur Freude der Bürger auf dem Belmer Tieplatz aufzustellen.
Die Sägemühle im hinteren Gebäude wurde dank des Engagements der „Belmer Integrationswerkstatt e.V.“ vor dem Abbruch bewahrt. Unter Anleitung von Fachleuten sanierten Jugendliche das wegen der großen freitragenden Decke einzigartige Gebäude. Daraus entstand eine Jugendbildungsstätte für Holzarbeiten, Hauswirtschaft, Textilarbeiten und Garten- und Landschaftsbau..
So ist aus einer historischen Kornmühle ein vielseitiges und aktives Kulturzentrum entstanden. Die Belmer Mühle hat sich inzwischen auch zu einem historischen Lernstandort entwickelt, der der jungen Generation von der Getreideaufzucht auf dem nachbarlichen Meyerhof über das Vermahlen in der Mühle bis zum fertig gebackenen Brot aus der gegenüber liegenden Bäckerei Steuwer einen ganzheitlichen Produktionsprozess vermitteln kann.
Quellen:
Gerd-Ulrich Piesch, Belm in alten Ansichten Teil 2, Zaltbommel, NL, 1993
Kulturzentrum Belmer Mühle,
Ulrich Brinkmann, Heimatkundliche Führungen
c/o Text von Bernhard Wellmann, Belmer Kesselhaken Nr.8, 11/2012